Beeinflusst abendlicher Sport den Schlaf?

Beeinflusst abendlicher Sport den Schlaf?

Die Tage werden wieder länger, die Lust, sich zu bewegen, steigt: Joggen, Fußball im Freien oder nach der Arbeit ins Fitnessstudio. Sport ist gut für Stoffwechsel, Immunsystem und Wohlbefinden – doch ist er auch gut für den Schlaf?

Wer abends Gewichte stemmt oder sich aufs Rennrad schwingt, schläft schlechter, so lautet ein verbreiteter Glaube. Gestörter Schlaf wiederum erhöht das Risiko für Unfälle, Herzinfarkte, Übergewicht und psychische Störungen. Die Deutsche Gesellschaft für Schlafforschung und Schlafmedizin (DGSM) weist in einem Ratgeber darauf hin, dass Sport zu kurz vorm Zubettgehen den Schlaf stören könne. Neue Studien zeigen allerdings ein widersprüchliches Bild.

Besser kein intensives Training eine Stunde vor dem Schlafen

Sportwissenschaftler der ETH Zürich haben für eine im Februar im Journal „Sports Medicine“ erschienene Meta-Analyse 23 Studien ausgewertet. Ihr Ergebnis: Wer weniger als eine Stunde vorm Zubettgehen intensiv trainiert, läuft tatsächlich Gefahr, länger fürs Einschlafen zu brauchen und weniger Schlaf zu bekommen. Auf andere Aspekte wie Tiefschlafphasen oder die Häufigkeit des Aufwachens wirkte sich die Bewegung hingegen nicht aus.

Die negativen Effekte beziehen sich wohlgemerkt nur auf intensives Training sehr kurz vorm Schlafengehen. Allgemein beeinträchtige Abendsport – also Sport weniger als vier Stunden vorm Zubettgehen – den Schlaf nicht. Im Gegenteil: Späte Bewegung könne die Schlafqualität sogar fördern. Allerdings sei der Effekt klein und deshalb wahrscheinlich klinisch irrelevant, schreiben die Forscher.

Im Vergleich zu früheren Einzelstudien ist die Meta-Analyse recht aussagekräftig. Doch sie hat Einschränkungen. Vor allem haben die Forscher Abendsportler nicht mit Morgen- oder Nachmittagssportlern verglichen – sondern mit Nichtsportlern. Zudem wurden nur Studien mit Personen ohne Schlafstörung einbezogen. Und es ging fast ausschließlich um normalgewichtige Männer zwischen 19 und 28 Jahren.

In einem Studienüberblick aus dem Jahr 2015 hingegen haben US-amerikanische Psychologen das Einschlafverhalten nach Sport zu verschiedenen Tageszeiten verglichen. Zudem kamen die Studienteilnehmer aus unterschiedlichen Altersgruppen.

Die Forscher konnten zeigen, dass Menschen, die weniger als drei Stunden vorm Zubettgehen Sport getrieben hatten, sogar seltener aufwachten als solche, die drei bis acht Stunden vorm Zubettgehen trainiert hatten. Der positive Effekt ließ sich jedoch nur beobachten, wenn die Probanden nur gelegentlich Sport trieben. Wie lange sie fürs Einschlafen brauchten, hing jedoch nicht davon ab, wann sie Sport getrieben hatten.

Wie abendlicher Sport Menschen beeinflusst, die unter Schlafstörungen leiden, ist bisher kaum erforscht. Dabei ist in Deutschland fast jeder Dritte von Schlafstörungen betroffen. Eine der wenigen Studien zu dem Thema haben vor Kurzem australische Forscher vorgelegt. Sie fanden keine Hinweise darauf, dass Menschen mit Schlafstörungen nach Sport am Abend schlechter schlafen im Vergleich zu Sport am Morgen oder Nachmittag.

Ergebnisse alles andere als robust

Dass die Studienlage noch mehrdeutig ist, liegt auch daran, dass meist nur wenige Probanden untersucht werden. Mit geringer Teilnehmerzahl steigt das Risiko, dass die Ergebnisse in anderen Stichproben anders aussehen würden. Sprich: Die Ergebnisse sind alles andere als robust.

Wissenschaftler rätseln auch noch, über welche Mechanismen Abendsport den Schlaf überhaupt beeinträchtigen könnte. Höhere Körpertemperatur? Muskelkater? Herzschlag? Nächtlicher Hunger? Auch hierzu sind bisherige Studien nicht eindeutig.

Zusammengefasst: Forscher haben Hinweise, dass intensives Training am späten Abend zu Einschlafproblemen führen kann. Dass moderater Sport kurz vor dem Zubettgehen den Schlaf negativ beeinflusst, ist allerdings bisher nicht eindeutig belegt. Im Gegenteil, einige Probanden schliefen besser durch, nachdem sie Sport getrieben hatten. Wer unter Schlafproblemen leidet, sollte für sich prüfen, ob abendlicher Sport eher förderlich oder schädlich wirkt.

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