Wir können an der Nase Emotionen ablesen – und das ziemlich gut

Wir können an der Nase Emotionen ablesen – und das ziemlich gut

Manchmal verraten 1000 Worte nicht so viel, wie ein Blick ins Gesicht des Gegenübers. Eine nach oben gezogenen Braue, weit geöffnete Augen, hängende Mundwinkel. Skepsis. Überraschung. Trauer. Von Gesichtern lassen sich ganze Gefühlswelten ablesen. Meist konzentrieren wir uns beim Lesen der Emotionen anderer auf die Aussagekraft der Augen, die Regungen des Mundes und vernachlässigen dabei ein anderes dominantes Gesichtsmerkmal, die Nase. Ein Fehler. Gießener Wahrnehmungsforscher haben nun ganz zufällig herausgefunden, dass man Launen auch an deren Spitze ablesen kann.

Es gibt sie, diese Menschen mit dem sogenannten Pokerface, das sich präsentiert wie ein weißes Blatt Papier. In diesen Gesichtern ist nichts, oder kaum etwas, zu erkennen. Keine Freude, kein Schmerz, kein Ekel – nichts. Das Einschätzen der dazugehörigen Person fällt entsprechend schwer. Das aber sind Ausnahmefälle. Denn eigentlich verraten uns Gesichter eine ganze Menge über ihre Besitzer. Zumindest glauben wir das. Ausgehend von ihnen schließen wir auf Charaktereigenschaften und Gemütszustände und orientieren uns dabei an bestimmten Wahrnehmungseindrücken.

Gerüche
Geruchsforscherin: "Der Geruchssinn ist wie ein Muskel. Je mehr man ihn fordert, desto ausgeprägter wird er."

Nasencodes besser verstehen lernen

Die Nase spielte dabei bisher kaum eine Rolle. Wie das Forscherteam in dem Artikel, der in der Fachzeitschrift "iPerception" erschienen ist, beschreibt, kann der Blick auf sie allein genügen, um gezeigte Ausdrücke und Eigenschaften zu bewerten. Das ist das Ergebnis eines kleinen Online-Experiments, an dem 114 Menschen teilnahmen. Dabei bewerteten die Teilnehmer:innen zunächst isolierte Nasen-, Augen- und Mundregionen von 30 Gesichtern, anschließend bewerteten sie die Gesichter im Ganzen. Dabei habe sich gezeigt, dass die Bewertungen der Nasen eine beträchtliche Übereinstimmung mit den Bewertungen der kompletten Gesichter aufwiesen – insbesondere bezüglich ihrer Gefühlslage, Erregung und Attraktivität.

"Wir waren überrascht zu sehen, wie gut das gelingt", so Dr. Ben de Haas, der das Projekt betreute. Es sei bekannt, dass Menschen Gefühlsausdrücke an den Augen und dem Mund ablesen können. "Dass das auch mit der Nasenregion gelingt, hatten wir so nicht erwartet", sagt der Experimentalpsychologe. Vermutlich trügen die Wangenheber dazu bei, die die Nase einrahmen und die in der Mimik eine große Rolle spielen. Außerdem könnten wir die Nase selbst kräuseln oder rümpfen. "Unsere Ergebnisse legen nahe, dass Menschen auch solche Informationen nutzen, um die Gesichter anderer zu 'lesen'", sagt de Haas. Als nächstes wollen die Forscher versuchen, solche "Nasencodes" besser zu verstehen.

Die Nase gibt Auskunft über Gemütszustände

Dass die Psychologen überhaupt auf die Nase gekommen sind, ist dem Zufall und einer völlig anderen Studie zu verdanken. "Das Ganze war ein witziger Unfall", erklärt Maximilian Broda, Erstautor der Studie und Doktorand. Gemeinsam mit seinem Promotionsbetreuer habe er Portraits für eine andere Studie zugeschnitten. Dabei sei ihnen aufgefallen, dass die isolierte Nasenregion erstaunlich ausdrucksstark erschien. Dieser Beobachtung gingen die Forschenden nach und wurden bestätigt. Sie kommen zu dem Schluss, dass Nasenregionen ein überraschendes Maß an Informationen über ihre Träger vermitteln.

Auch Mikroexpressionen können Aufschluss über das Gegenüber geben. Dabei handelt es sich um Kleinstveränderungen der Mimik, die nur einen Bruchteil einer Sekunde wahrnehmbar sind. Emotionen werden im limbischen System erzeugt. Da dieser Gehirnteil nicht dem Bewusstsein unterstellt ist, bekommen wir davon meist überhaupt nichts mit. Die Gesichtsmuskulatur reagiert hingegen direkt auf Veränderung im limbischen System, um diese Kurzzeit-Gesichtsausdrücke richtig zu deuten, muss man das Gesicht des Gegenübers im Normalzustand, also die Nulllinie, kennen. 

Quelle: Studie, Pressemitteilung

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