Rauchen ist krebserregened. Das weiß mittlerweile so gut wie jeder. Doch auch Übergewicht ist ein enormer Risikofaktor. Was die chronische Erkrankung so tückisch macht und was hilft.
Übergewicht als maßgeblicher Risikofaktor für Krebs wird Fachgesellschaften zufolge oft unterschätzt. Sie fordern bessere Rahmenbedingungen, damit Menschen leichter ein gesundes Körpergewicht halten oder erreichen können. Während das erhöhte Krebsrisiko durch Rauchen hinlänglich bekannt sei, wüssten die Wenigsten um den Zusammenhang zwischen Tumorbildung und zu vielen Pfunden, teilten das Deutsche Krebsforschungszentrum (DKFZ), die Deutsche Krebshilfe und die Deutsche Krebsgesellschaft (DKG) am Montag in Heidelberg mit.
30.000 Deutsche erkranken jährlich bedingt durch Übergewicht an Krebs
Dabei gingen fast sieben Prozent der Krebsneuerkrankungen in Deutschland auf das Konto von Übergewicht, insbesondere von Fettleibigkeit. „Das bedeutet, dass jedes Jahr etwa 30.000 Menschen in Deutschland bedingt durch ihr Übergewicht an Krebs erkranken. Das sind 30.000 vermeidbare Krebsfälle“, betonte DKFZ-Chef Michael Baumann anlässlich der fünften Nationalen Krebspräventionswoche vom 25. bis 29. September.
Brustkrebs nach den Wechseljahren und Darmkrebs treten demnach bei fettleibigen Menschen erheblich häufiger auf als bei Normalgewichtigen. Bei Gebärmutter- und Nierenkrebs oder bei Karzinomen der Speiseröhre sei sogar fast die Hälfte aller Fälle durch Adipositas, also Fettleibigkeit, bedingt.
Ab wann bin ich übergewichtig?
Bei Adipositas handelt es sich um weit mehr als ein paar Kilo zu viel auf den Hüften. Die DAG definiert sie als chronische Krankheit, als „eine über das Normalmaß hinausgehende Vermehrung des Körperfetts.“ Klassifiziert wird diese anhand des Body-Mass-Index (BMI).
Body-Mass-Index
Der Body-Mass-Index (BMI) eignet sich dazu, den Körperfettanteil abzuschätzen. Für die Berechnung wird das Körpergewicht in ein Verhältnis zur Körpergröße gesetzt. Der BMI berechnet sich aus dem Quotienten aus Körpergewicht und Körpergröße zum Quadrat (kg/m). Er ist die Beurteilungsgrundlage für die Gewichtsklassifikation:
- BMI unter 18,5: Untergewicht
- BMI 18,5 bis 24,9: Normalgewicht
- BMI 25 bis 29,9: Übergewicht
- BMI über 30: Adipositas
Berechnen können Sie Ihren BMI etwa bei der Deutschen Adipositas-Gesellschaft.
Experten fordern Fett- und Zuckersteuer
Die Fachgesellschaften fordern als ersten Schritt Werbeeinschränkungen für besonders übergewichtsfördernde Produkte sowie eine höhere Besteuerung stark fett- und zuckerhaltiger Lebensmittel. Mit einer Social-Media-Kampagne wollen die drei Organisationen für „weniger Übergewicht, weniger Krebsrisiko“ werben.
Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) begrüßte den Vorstoß. „Durch die Beseitigung oder noch besser die Vermeidung dieser Risikofaktoren durch gesunde Ernährung und ausreichend Bewegung reduzieren wir nicht nur das Risiko für eine Krebserkrankung, sondern auch für Herz-Kreislauf-Erkrankungen, den Typ-2-Diabetes und Gelenkerkrankungen.“
Übergewicht hat Ursprung oft in der Kindheit
Aus Sicht der Deutschen Krebshilfe ist es nicht leicht, sich in einer Welt voller Verführung durch hochkalorische Lebensmittel ausgewogen zu ernähren. Deren Chef Gerd Nettekoven unterstrich: „Die Prävention von Übergewicht muss bereits im Kindesalter ansetzen, denn hier hat Übergewicht oftmals seinen Ursprung.“ Deshalb müsse an Kinder gerichtete Werbung für übergewichtsfördernde Lebensmittel verboten werden, wie es die Ampelkoalition bereits angekündigt habe. Denkbar sei auch eine „gesunde Mehrwertsteuer“: Die Abgaben für stark zucker-, fett- und salzhaltige Nahrungsmittel müssten erhöht, für Obst und Gemüse hingegen gestrichen werden. Auch verbraucherfreundliche Nährwertkennzeichnungen sowie ausgewogene Ernährungsangebote an Schulen seien hilfreich.
Deutschland hinkt nach Einschätzung der Experten in Sachen Prävention hinter anderen europäischen Ländern her. So besteuerten England und Frankreich stark gezuckerte Limonaden, Portugal verbiete an Kinder gerichtete Werbung für ungesunde Lebensmittel. „In Deutschland haben wir dringenden Handlungsbedarf“, resümierte Michael Ghadimi, Präsident der Deutschen Krebsgesellschaft.
Darum fördert Übergewicht Krebs
Die erhöhte Gefahr einer Tumorbildung bei Übergewichtigen geht unter anderem von dem die inneren Organe umgebenden Bauchfett aus. Es produziert viele entzündungsfördernde Botenstoffe, erläuterten die Experten. Sind sie dauerhaft erhöht, können chronische Entzündungen entstehen, die krebsfördernd wirken.
Die Fettzellen im Körper produzieren außerdem das Sexualhormon Östrogen, das Krebszellen zum Wachstum anregen kann. Zudem kann eine dauerhaft erhöhte Insulinproduktion übergewichtiger Menschen das Wachstum von Krebszellen antreiben.
Adipositas ist eine chronische Erkrankung – was Betroffene tun können
Menschen mit Übergewicht werden oft stigmatisiert, dabei handelt es sich um eine anerkannte chronische Erkrankung. „Die Wahrheit ist, dass die Adipositaserkrankung meist stark genetisch bedingt ist und auf einer komplexe Störung von Transmittersystemen im Gehirn beruht “, erklärte Arya M. Sharma im Interview mit FOCUS online . Der in Deutschland und Kanada tätige Mediziner forscht seit vielen Jahren zum Thema Adipositas und ist Experte in Behandlung und Management von Adipositas und den Folgeerkrankungen.
„Genau hier setzen nun auch die neueren verschreibungspflichtigen Medikamente zur Langzeitbehandlung der Adipositaserkrankung an, oder auch die bariatrische Chirurgie, wie Magenbypass und Schlauchmagen , indem sie an den Neurotransmitter im Gehirn angreifen.“ Diese biologische Wirkung durch Medikamente oder eine OP unterstütze Verhaltensmaßnahmen wie Diät und Sport. „Es fällt also den Patienten wesentlich leichter, sowohl Gewicht abzunehmen als auch das neue Gewicht zu halten.“
Der Experte rät: Betroffene sollten einen Arzt aufsuchen. Zunächst ist der Hausarzt ein guter Ansprechpartner, der auch mögliche Folgeekrankungen wie Diabetes Typ 2 oder Bluthochdruck abklären kann. Er kann auch über Behandlungsmethoden wie Medikamente oder Operationen informieren bzw. Sie gegebenenfalls zu einem Facharzt überstellen.
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